Poesiegrüße
Und schicke wieder Tauben aus,
weiß-geschwärzte Luftvögel,
hinaus ins Land,
das geliebte-ungeliebte
kunterbunte Nirwana
atomarer Ketten-
(und) -reaktionen.
Singen solls, das
lyrische Federvieh,
von dem bisschen Schönheit.
Klagen solls, weil
ich hat´ ja an sich
das Paradies gebucht.
Jerusalemblues
für Else
Das Klavier verstimmt,
verschossen das Blau
wie der Himmel
über Jerusalem.
Ein Riss im Resonanzboden
von Elberfeld bis zum Tempelberg,
der Jordan sowenig die Heimat
wie die Wupper, auch wenn die Menschen
bekanntlich über beide gehen.
Kein Engel öffnet uns die Türen,
befürcht´ ich,
was bleibt
die steinige Wüste der Worte,
die fahle Blässe der Farbpalette,
die Noten, die alle Welt in nur
einer Richtung liest.
(gewidmet Hilde Domin)
Hauptstadtelegie
Paris-Paradies,
Kähne auf der Seine,
unter dem Pflaster liegt
Toulouse-Lautrec.
Der Strand ist ... ,
nur im Kopfkino oder
für anderthalb Minuten
im Moulin Rouge,
oder ein 35 mm - breiter
Montmartre-Illusionsstreifen
ewiger Lebensleinwandromantiker.
(pour Madame Heidi)
Hinaus
zieh mich
noch einmal
in diesen Sommer,
der sich so gnadenlos
zerblüht an Dir
und an Deiner Unerreichbarkeit.
Nur kein Wort zu viel,
diesen Dumdumgeschossen,
so bleischwer boulevardgetränkt.
Dein Finger
auf der Haut
sekundenschnell
ein glatter
Durchschuss
schon hingegen.
Dichterende
Die Worte
nicht mehr
so schnell bei
der Hand,
Fingerfertigkeit
mehr bei der
Liebe.
Wenigstens noch
den G-Punkt aus
dem ABC behalten,
ach Frauen schon
formvollendete
Poesie.
Der Wolf zurück
Der Wolf zurück,
Auweia!
Das arme Rotkäppchen!
Ach so, ja nur ein Märchen.
Aber: die Schafe,
die Kälbchen!
Gemach, gemach,
auch nicht jeder Mensch
ist schließlich Vegetarier.
Nur kein Futterneid!
Und seid getrost,
kein Wolf hat je
Auschwitz kreiert.
Wiesbaden
Verpasster Kinotraum,
- die Potemkin-Rue
spiegelt Champs Elysées-
Ambitionen -,
ein Dostojewskibeschwerter
Rheuma-Roulette-Tisch mit
Weltstadtnobless.
Wilhelminische Mauerschönheiten
wecken heimliche Hauptstadtillusionen.
Hier badete nicht nur der holländische
Frührentner gerne, der Wilhelm Nummero zwo,
auch Gustav Freytag,
ja der Geheimrat von Goethe,
die großen Römer gar.